Max Kraus
Zielsicher, schnell, präzise taucht der EISVOGEL ins Wasser. Und leise. Und ist MAX nicht ein schneller Vogel? Ja, ist er. Versprochen. Und er ist noch viel mehr! Schräg, schlau, und witzig, hitzig. Und doch unser Vogel. Aber sicher nicht leise!

Interview
Max Kraus treffe ich im Zähringer an einem der letzten sonnigen Tage Zürichs, wir schlendern vom Theater rüber und als wir und hinsetzen, ganz zu Beginn, befragt mich Max über eine Malina-Fassung, die ich ihm gegenüber wohl irgendwann mal erwähnt haben muss und mit gebrochenem Herzen vor zwei Jahren an der Limmat liegend schrieb, während ich Schulmans "Conflict is not abuse" las mit Deafhavens' Sunbather auf den Ohren. Ich führe dann, im Hier und Jetzt der Interviewaufnahme, noch etwas Bachmanns einzigen Roman für Max aus. Fazit: Sie hätte schon noch etwas streichen können im zweiten Teil, ansonsten Masterpiece. Werden dann von der Bedienung unterbrochen und bestellen: Max will einen geeisten Cappucino bestellen, aber dann doch lieber eine Apfelschorle. Ich nehm geeisten Americano, wie immer. Ich fahre meine kleine Interview-Format-Routine einmal ab und präsentiere Max die drei Fragen, die den Rahmen für diese Reihe von Vorstellungen bilden. Er hört mir zu und denkt erst einmal eine Weile nach und statt zu antworten, beginnt er, mich zu befragen, wie ich hier gelandet bin und wo ich herkomme und solcherlei. Schließlich versuche ich ich das Gespräch wieder zu ihm zurückzulenken, als er sich entscheidet das Pferd rückwärts aufzusatteln:
MAX K.: Also, was war die Frage?
FREDI: Wann fühlst du dich konservativ?
MAX K.: Ja, ich hoffe immer mehr eigentlich!
FREDI: (lacht.)
MAX K.: (lacht.) In vielerlei Hinsicht, befürchte ich. Weihnachten zum Beispiel finde ich unglaublich cool. Wegen dem Kitsch. Auch ne Frage nach Nostalgie, finde ich. Aber vielleicht ist es auch dieses heimelige Gefühl. Find ich super. Ich denke irgendwie automatisch an ganz viele Sachen, die mit meinen Großeltern zu tun haben. Es gab diese Phase, da haben wir Schweinsbratwürstli mit Sauerkraut und Bauernbrot gegessen, dann gab es eine Zeit, da wurde geräucherte Forelle mit Kartoffeln gegessen, mit so ner Sahnesauce dazu.
Dann werden wir von einer Person nach Geld gefragt, aber wir haben leider kein Bargeld bei uns. Ich muss daran denken, wie ich mit Noé am selben Tisch saß – ein paar Tage später – und wie Noé immer Münzen für bedürftige Menschen dabei hat. Max und ich zwar nicht, aber philosophieren dann von Weihnachten ausgehend ein wenig über Traditionen und Bräuche, ich erzähle von unserem Fondue Bourguignonne in Bremen jedes Jahr am Weihnachtsabend, seit ich denken kann, erzähle, dass ich solche Traditionen schön finde. Bevor Max die nächste Frage beantwortet, erörtern wir noch: Gibt es "wokes" Konservatives? Konservatives "Wokes"? Was heißt konservativ? Ich sage: Werterhaltend, anstatt direkt einem poltischen Spektrum zugehörig. Wortursprung: Konservierend, sagt Max. Ich nicke. Max fühlt sich auch manchmal gegenüber der liberalen Theaterwelt gegenüber konservativ, sagt er dann schließlich, fürchtet sich, Erwartungen von "Wokeness" nicht zu genügen oder erfüllen zu können. Ein schwieriges Thema, denke ich mir, vielleicht auch etwas überrascht, dass es nun schon ein zweites Mal auftaucht – erst bei Rachel, nun wieder hier –, da die Bedeutung dieser Worte, sowie dieses unsichere, furchtsame Gefühl, das er beschreibt, mittlerweile so viele verschiedene Dinge bedeuten könnten. Von absolut valider und notwendiger Kritik an den problematischen Nischen der "linken Theaterszene" bishin zu diskriminierenden und gewaltfördernden Positionen. Dass es viele Leute gibt, die Identitätspolitik und "Wokeness" für finanzielle Zwecke und als opportunistisches Machtwerkzeug nutzen, ist eine Tatsache, a lot of people wanna make some money, gleichzeitig ist ja die Grundmotivation dieser Ideologien richtig und wichtig. Kapitalistische Inkorporation, denke ich mir. Dann bewege ich das Gespräch zum nächsten Thema:
FREDI: Worauf freust du dich am Neumarkt?
MAX K.: Ich wünsch mir glaub, dass wir viel zusammen lachen können und ne gute Zeit mit Sem an der Bar.
Bei der Premiere der Stille checke ich nochmal kurz mit Max ein und update ihn darüber, dass ich spät dran bin mit den Interviews, da die Premierenvorbereitungen mich vollends beansprucht hatten. Er lacht, und Max hat dieses ganz spezielle eigenwillige Lachen, das schon tief im Unterkörper beginnt, heraufsprudelt und sich herrlich und bassig in den Raum ergiesst, schön zuzuhören ist und antwortet mir bloss, dass er volles Vertrauen hätte. Das nehme ich mir wiederum zu Herzen. Es war schön mit Max Kraus im Zähringer an einem der letzten sonnigen Tage.
FREDI: Also zu was glaubst du, sollte ich über dich wissen?
MAX K.: Wer ist das Ich in dem Satz?
FREDI: Was sollten die Leporello-Lesenden über dich wissen?
MAX K.: Ich bin gern am Meer. Ich finde es sollte mehr beim Radio mitgesungen werden unter Dusche morgens und bin für mehr Open-Air Theater!